Ende des Zinszyklus
Nach einer Phase mit den höchsten Zinsen seit 2001, in der Zentralbanken weltweit versuchten, die Inflation zu bändigen, haben nun die wichtigsten Wirtschaftsregionen mit Zinssenkungen begonnen. Dieser Kurswechsel markiert den Beginn eines neuen geldpolitischen Zyklus, der erhebliche Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte haben wird. Besonders im Blickpunkt steht dabei die wirtschaftliche Lokomotive USA, welche als letzte und grösste Volkswirtschaft in diesen Zyklus eingetreten ist und gemeinhin einen eher radikalen Ansatz verfolgt. Dies stellt Anleger vor die Frage, wie sie sich in diesem veränderten Umfeld taktisch positionieren können.
Fed-Zinssenkungen und ihre Folgen
Historisch hat die Fed ihre Zinssätze meist als Reaktion auf wirtschaftliche Spannun-gen gesenkt, welche oft in einer Rezession mündeten. Acht der letzten zwölf Zinssenkungsphasen gingen mit einer Rezession einher, so in den Jahren 1990, 2001 und 2008. Diese Phasen waren von globalen Abschwüngen geprägt.
Eine «normale», deutlich harmlosere Rezession ereignete sich Anfang der 90er-Jahre. Im Jahr 2001 platzte hingegen die Dotcom-Blase, was eine zweijährige zähe Baisse verursachte. Die Rezession von 2008 wurde durch die globale Finanzkrise verschärft. Im Falle einer Rezession fielen die Aktienmärkte im Durchschnitt um rund 10% in den sechs Monaten nach einer Zinssenkung (vgl. Abb. 1, rote Linie).
Wenn Zinssenkungen jedoch aus einem „Soft Landing“-Umfeld heraus erfolgten, förderten sie das Wachstum und liessen risikosensitive Anlagen wie Aktien an Wert gewinnen. Zinssenkungen wie 1995 und 1998 führten zu einer Stabilisierung des Arbeitsmarktes und konnten einen wirtschaftlichen Abschwung abwenden. In den darauffolgenden sechs Monaten legten die Märkte im Schnitt 10% zu (Abb. 1, grüne Linie). Solche Zinssenkungen der Fed waren nicht etwa die Reaktion auf eine bestimmte Krise, sondern dienten primär dazu, die Zinsen auf ein neutrales Niveau zu bringen. Zinssenkungen, welche als Reaktion auf Sorgen eines verlangsam-ten Wachstums erfolgten (gelbe Linie), führten hingegen sogar zu einer Belebung der Wirtschaft, wodurch die Aktienkurse innerhalb von sechs Monaten um rund 20% anstiegen.
Die aktuelle Fed-Politik
Die US-Zinssenkungen begannen mit einer deutlichen Reduktion um 50 Basis-punkte. Dieser Schritt ist normalerweise wirtschaftlichen Notlagen vorbehalten. Jedoch weist das aktuelle Umfeld kaum Anzeichen einer Krise auf: Die USA verzeichnen nahezu Vollbeschäftigung, stabile Konsumausgaben und steigende Reallöhne. Dies legt nahe, dass die Fed zwecks Reduktion potenzieller Risiken präventiv handelt, statt auf eine akute wirtschaftliche Schwäche zu reagieren. Um das Gleichgewicht zwischen ihrer dualen Zielsetzung – Preisstabilität und Vollbeschäftigung – zu wahren, strebt die Fed daher eher geldpolitisch neutrale als restriktive Zinssätze an. Die Fed selbst sieht den neutralen USD-Leitzinssatz aktuell bei 2.8%, womit sie derzeit mehr als zwei Prozentpunkte hinter der Zinskurve zurückliegt.
In den sechs Monaten vor einer ersten Zinssenkung verzeichneten die US-Aktienmärkte bei früheren Nicht-Rezessions-Szenarien nur moderate Kursgewinne von etwa 3%. Seit März 2024 sind die Kurse aber bereits um 10% gestiegen. Dies deutet darauf hin, dass in den Aktienkursen schon viel Optimismus in Bezug auf die Zinssenkungen eingepreist ist – allerdings ist hier auch viel KI-Euphorie im Spiel.
Fazit
Es stellt sich also die Frage, ob dem Fed eine sanfte Landung gelingen wird. Leider lässt sich diese Frage im Vorhinein unmöglich beantworten, da eine Rezession nicht mit Sicherheit prognostiziert werden kann. Sollte es tatsächlich zu einer Rezession in den USA kommen, dürfte dies in der kurzen Frist zu Kursverlusten an den Aktienmärkten führen. Für langfristig orientierte Investoren könnte sich das zugleich als attraktiver Einstiegszeitpunkt erweisen.
Autor: Rafael Gonzalez
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